Interview mit der HNA von unserem Vorsitzenden Fatih Erden

https://www.hna.de/kassel/erste-muslimische-kita-in-kassel-soll-eroeffnen-raeume-fehlen-noch-9663884.html

Eine Initiative muslimischer Eltern will in Kassel die erste muslimische Kita eröffnen. Wir sprachen mit Fatih Erden, dem ersten Vorsitzenden des Vereins, über das Vorhaben.

Ihre Initiative will eine muslimische Kita gründen. Was fehlt Ihnen bei den bestehenden Kindergärten in Kassel?

Fatih Erden: Die Kindergärten in Kassel sind gut und das Angebot ist groß. Allerdings können dort nicht alle Bedürfnisse, die muslimische Familien haben, erfüllt werden.

Welche sind das?

Erden: Probleme gibt es oft beim Thema Halal-Ernährung, also der Auswahl und Zubereitung von Lebensmitteln nach islamischen Vorschriften. Das fängt bei Gummibärchen an, die oft aus Schweinegelatine hergestellt werden. Ein anderer Punkt sind die islamischen Feiertage, wie etwa das Zuckerfest. Wir wollen diese Feiertage auch für unsere Kinder erlebbar machen. Hinzu kommen kleine Bittgebete von und nach dem Essen, die bei uns üblich sind.

Also geht es Ihnen um religiöse Inhalte?

Erden: Ja, auch. Diese machen aber vielleicht fünf Prozent von unserem Konzept aus. Bei den pädagogischen Inhalten müssen sich ohnehin alle Kitas an dem hessischen Erziehungs- und Bildungsplan orientieren.

Wer steht hinter Ihrem Vorhaben?

Erden: Wir sind ein Zusammenschluss von 20 Eltern aus Kassel, die aus den unterschiedlichsten sozialen Schichten kommen: Ärzte, Professoren, Piloten, Arbeiter – die meisten sind Deutsche. Seit 2015 verfolgen wir die Kita-Eröffnung und haben dazu einen Verein gegründet. Wir gehören keinem Moschee- oder Islamverband an, das ist das Besondere. In unseren Entscheidungen sind wir frei.

Senkt eine muslimische Kita nicht die Chancen der Kinder auf Integration?

Erden: Der Islam ist nicht das Problem bei der Integration. Ich bin hier aufgewachsen, gut integriert, habe viele urdeutsche Freunde und lebe trotzdem meine Religion. Entscheiden sind die Bereitschaft des Einzelnen, sich in die Gesellschaft einzubringen und die Möglichkeiten, die er dazu hat.

Wie wollen Sie in der Kita dazu Möglichkeiten bieten?

Erden: Unsere Kita wird Kindern aus allen Konfessionen offen stehen. Das muss sie nach den gesetzlichen Vorschriften, wir wünschen uns diese Mischung aber auch. Für unsere Erzieherinnen gilt, dass sie perfekt Deutsch sprechen müssen. Denn in der Kita wird kein Türkisch oder Arabisch gesprochen. Bei der Auswahl des Personals setzen wir allein auf pädagogische Qualität und nicht auf Gesinnung. Ob Erzieherinnen Kopftuch tragen oder nicht, bleibt ihnen überlassen.

Aber dennoch ist zu erwarten, dass die muslimischen Kinder in der Kita weitestgehend unter ihresgleichen bleiben. Ist dies nicht einer Integration abträglich?

Erden: Nein, das sehe ich nicht so. Ich kann eine muslimische Kita besuchen und trotzdem in den örtlichen Fußballverein gehen. Integration heißt nicht, seine religiöse Zugehörigkeit zu verleugnen. Zudem verstehen wir uns als Dialog-Kita. Das heißt, wir suchen den engen Austausch mit den anderen Kitas, die in Folge der Flüchtlingswelle oft überfordert waren mit Kindern aus muslimischen Ländern. Wir können diesen Kitas Hilfestellung geben, da wir die kulturellen Hintergründe einschätzen können.

Wie gehen Sie mit der Kritik an Ihrem Vorhaben um?

Erden: Als Muslim bin ich es gewöhnt, unter Generalverdacht gestellt zu werden. Ich erwarte nicht, dass jeder den Islam mag. Ich erwarte aber, dass eine muslimische Kita akzeptiert wird. Alle Kindergärten, egal ob städtisch, frei oder kirchlich, sind zu tolerieren, solange sie den rechtlichen Rahmen einhalten. Wer diese Vielfalt nicht befürwortet, der sollte sie zumindest aushalten.

Wie groß soll die Kita werden?

Erden: Wir planen einen Kindergarten mit zwei Gruppen a 25 Plätzen. Eine U3-Gruppe wird es nicht geben. Die Betreuung soll von 8 bis 16 Uhr stattfinden.

Wann soll die Kita eröffnen?

Erden: 2019 ist unser Ziel. Noch sind wir in Absprache mit der Stadt Kassel auf der Suche nach geeigneten Räumen. Anschließend stellen wir den Antrag auf Betriebserlaubnis. So ein Verfahren läuft völlig transparent. Jugendamt und Gesundheitsamt sind beteiligt. Eine Kita können sie nicht in irgendeinem Hinterhof gründen und anschließend vor der Öffentlichkeit abschotten.